Kurzbericht  über  den  Vortrag

von  Friedrich 
Bestenreiner

"Künstliche Intelligenz und paranormale Phänomene"

                    
   
Während Überlegungen zu diesem Thema im allgemeinen von dem systemtheoretischen Ansatz des Komplexitätsgrades eines Systems ausgehen und die Frage aufwerfen, ob bei einer entsprechenden Komplexität eines System das Auftreten paranormaler Phänomene in diesem System zu erwarten sei, ist unser Vortragender - unter Berufung auf das Buch von Ray KURZWEIL - von einem Vergleich der Rechenleistung des menschlichen Gehirns mit dem von Computern sowie von einer Extrapolation der zukünftigen Entwicklung der Rechenleistung von Computern sowie von einer Gegenüberstellung organischer Materie mit neuronalen Netzwerken ausgegangen.

Die Rechenleistung des menschlichen Gehirns stellt sich wie folgt dar:

    

Zahl der Neuronen 100 Milliarden = 102 . 109 = 1011
Verbindungen pro Neuron 1.000 = 103
Verbindungen pro Gehirn 1011 . 103 = 1014
Zahl der Operationen pro Sekunde  200 = 2 . 102
Gesamte Rechenleistung des Gehirns 2 . 102 . 1014 = 2 . 1016 Operationen pro Sekunde 

Eine Übersicht über die bisherige Entwicklung der Rechenleistung von Computern und deren Extrapolation in die Zukunft zeigt, daß es aufgrund neuer Technologien um das Jahr 2060 Super-Rechner geben mag, deren Leistung der kumulativen Rechnerleistung der Gehirne der gesamten Menschheit entspricht (nach KURZWEIL - Bild zum Vergrößern anklicken):

Weiters bezieht sich der Referent auf ein Zitat von Hoimar von DITFURTH:

"... könnten wir das Verhältnis zwischen Geist und Materie, zwischen unserem Gehirn und unserem Bewußtsein bildlich etwa analog zu dem Verhältnis zwischen Licht und Spiegel verstehen. ... Das Gehirn erzeugt den Geist nicht, der vermittels dieses Organs in unserem Bewußtsein aufgetaucht ist. Das Psychische, der Tatbestand des Seelischen, der sich aus den Gesetzen unserer materiellen Wirklichkeit auf keinerlei Weise ableiten läßt, könnte dadurch zustande kommen, daß die Evolution es fertiggebracht hat, unser Gehirn auf einen Entwicklungszustand zu bringen, der in ihm einen ersten Reflex des Geistes einer jenseitigen Wirklichkeit entstehen läßt." 

Daraus leitet er die Frage ab, ob das Bewußtsein auf die Struktur organischer Materie oder auf die logischen Verknüpfungen an sich zurückzuführen ist:

    

MATERIE
(Organische Kohlenstoffverbindungen
Proteine, Gene, DNS, etc.)

V

LOGISCHE VERKNÜPFUNGEN
(Neuronale Netzwerke
auf beliebiger materieller Basis,
z. B. Si, Fullerene,
Quanten-PC)

In der Folge diskutiert der Referent ein quantenphysikalischen Parapsychologie-Experiment auf der Basis des bekannten EPR-Paradoxons (Nichtlokalität).

Er stellt weiter die Frage, inwiefern ein (derzeit noch hypothetischer) Android mit einer dem menschlichen Gehirn vergleichbaren Rechenleistung mit Elementen umgehen würde, welche im cm-g-sec-System nicht definierbar sind (Beispiele Liebe/Haß, Freude/Schmerz, Rot/Grün).

Die beiden folgenden Graphiken, welche Inseln in Analogie zu menschlichen Individuen darstellen, sollen die Telepathie-Situation veranschaulichen:

          

ober Wasser       unter Wasser

Aufgrund all dieser Überlegungen formuliert der Referent etwas, was er als seine "erste Risiko-
Behauptung" bezeichnet:

     

Die objektiv nachweisbare Existenz paranormaler Phänomene im Humanbereich (Hellsehen, Telepathie, Präkognition etc.) objektiviert Bewußtsein (und falsifiziert Solipsismus).

Sie legt weiterhin die Vermutung eines Zusammenhangs zwischen Bewußtsein und nichtlokalen Phänomenen nahe.

Nun fragt er sich weiterhin, ob Experimente in der Art, wie RHINE sie seit den Dreißigerjahren durchgeführt hat, auch bei einem Androiden mit einer dem menschlichen Gehirn vergleichbaren Rechenleistung erfolgreich wären:

Aus dem postulierten Erfolg dieses Experiments leitet der Referent seine "zweite Risiko-Behauptung" ab:

   

Eine androide Maschine mit KI [KI = Künstliche Intelligenz], die ein positives RHINE-Ergebnis liefert, hat Bewußtsein.

Damit ist bewiesen, daß Bewußtsein nicht materiell (auf Basis organischer Kohlenstoffverbindungen), sondern funktionell (auf beliebiger materieller Basis) definiert ist.

Auch ein neuronales Netzwerk reflektiert Geist in Sinne des D
ITFURTH'schen Spiegels.

Die sie daraus ableitbaren gesellschaftlichen Folgen würden z. B. die Frage aufwerfen, ob derartigen androiden Maschinen nach dem Muster der Menschenrechte konsequenterweise auch "Maschinenrechte" zuzusprechen wären und sie demnach etwa nicht so einfach wie heutiger Elektronik-Müll entsorgt werden könnten ... 


         
(Bild zum Vergrößern anklicken)

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Diskussion :            

Eingangs habe ich darauf hingewiesen, daß alle diese Überlegungen - so sehr sie auch anregend sind und das darstellen mögen, was die Briten als "food for thought" bezeichnen - allemal eher den Charakter von "Science Fiction" tragen.
Bekanntlich stellt der sogenannte
TURING-Test [benannt nach dem berühmten britischen Logiker und Mathematiker Alan TURING, dem Begründer der Computerwissenschaft] die Frage, ob es sich allein aufgrund der ausgegebenen Antworten entscheiden läßt, ob eine Kommunikation (die etwa wie bei einem Chat bloß über Tastatur und Bildschirmausgabe erfolgt, ohne jedoch den Kommunikationspartner sehen zu können) mit einem menschlichen Kommunikationspartner erfolgt, oder mit einer gut programmierten Maschine. Was unser Referent hier vorschlägt, ist - wie ich in der Diskussion auch erwähnt habe - sozusagen ein "parapsychologischer TURING-Test" oder ein "TURING-ESP-Test".

Weiters hat Andreas HERGOVICH sehr nachdrücklich festgestellt, daß sich der Solipsismus eo ipso nicht falsifizieren läßt.

Übrigens hat, wie ich auch erwähnt habe, C. G. JUNG ein zu dem Bild der unter Wasser miteinander verbundenen Inseln analoges Modell zur Veranschaulichung seiner Konzeption des "kollektiven Unbewußten" verwendet, allerdings nicht Inseln, sondern Vulkankegel, in denen wie in kommunzierenden Gefäßen dieselbe Magma-Masse aufsteigt;  JUNG schreibt dazu "Central Fire".

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Literatur:

Giselher GUTTMANN
Friedrich B
ESTENREINER:
      
Ich sehe, denke, träume, sterbe.
München 1991
(Ehrenwirth)
              
Zum Thema des Vortrags:
              
Hoimar von DITFURTH:
     
      
Wir sind nicht nur von dieser Welt
Hamburg 1981
(Hofmann & Campe)
              
Ray KURZWEIL:




Homo Sapiens
Leben im 21. Jahrhundert -
was bleibt vom Menschen
?

Köln 1999

(Kiepenheuer & Witsch - derzeit vergriffen)
TB-Ausgabe 2001:  Ullstein TB-Verlag

        


                

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