Kurzbericht über den Vortrag
von Gerhard K.
Tucek
"Das Spannungsfeld zwischen spirituellem und wissenschaftlichem Anspruch am Beispiel der Altorientalischen Musiktherapie -
Kulturimmanente und kulturtranszendente Aspekte im Menschenbild "
Es ist keine Frage, daß dieser Vortrag eher in das Gebiet der Grenzbereiche der Wissenschaften gehört und nicht in das der Parapsychologie sensu stricto. Und dennoch: das Spannungsfeld zwischen dem wissenschaftlichen und einem spirituellen Anspruch (nämlich in Hinblick auf das Mißverständnis der "Esoterik") kennt man auch auf dem Gebiet der Parapsychologie. Ebenso ist die Frage der Immanenz des Menschbildes dem Parapsychologen wohlvertraut, werden doch Spontanphänomene heute ganz gleich erlebt, wie zu Beginn der menschlichen Geschichtsschreibung.Faszinierend ist die Interdisziplinarität des vorgetragenen Themas: von der Physiologie des Hörens und der Psychoakustik über die Geschichte der Medizin im islamischen Kulturkreis und insbesondere die Philosophie der Sufis (d. h., der islamischen Mystiker) hin zu aktuellen medizinischen Fragestellungen und therapeutischen Anwendungen.
Der Referent hat seine Ausführungen mit einem kleinen, aber äußerst gelungenen Experiment zur Verarbeitung von Wahrnehmungsinhalten begonnen, indem er eine Folie projiziert und dazu dem Auditorium die Frage gestellt hat, "Was sehen Sie auf diesem Bild?". Wie nicht anders zu erwarten, waren die Antworten nicht auf das Gesehene, sondern auf das dahinter Vermutete gerichtet, d. h., die Antworten waren - ausnahmslos - von einer Struktur, als hätte die Frage nicht "Was sehen Sie?" gelautet, sondern: "Erfinden Sie eine Geschichte, die zu der Szene, welche Sie im Bild sehen, paßt" - ein Musterbeispiel dafür, wie Tatsachen unreflektiert durch (subjektive) Interpretationen ersetzt werden. Es bedarf nicht vieler Worte, daß dieser Sachverhalt für die Parapsychologie insofern relevant ist, als Personen, die Spontanphänomene erleben, zumeist sehr schnell mit einer Interpretation (vielfach im spiritistischen Sinne) bei Hand sind, wobei dann diese Interpretation das eigentlich Erlebte ersetzt.
Was nun den Vortrag als solchen betrifft, so ist es auch diesmal wieder für mich sehr einfach, indem mir unser Referent seine Powerpoint-Präsentation, welche seine Ausführungen unterstützt hat, freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat, die ich hier zum Download bereitstelle. Von besonderem Interesse war ein Videofilm, der die praktische Anwendung der Altorientalischen Musiktherapie (in der Präsentation als "AM" abgekürzt) in der therapeutischen Arbeit mit Patienten, die an schweren Schädel-Hirn-Traumata litten, zeigt. Im Moment ist es leider technisch nicht möglich, den Film in diese Website zu integrieren, aber es wird daran gearbeitet ...
Zur Präsentation:
(Dateigröße 619 KB)
Die Diskussion
hat die verschiedensten Aspekte berührt, so habe ich u. a. die Frage nach den Friedensaktivitäten eingebracht sowie die nach der Theorie des Wirkmechanismus der AM.
Leider erst nach Abschluß der "offiziellen" Diskussion haben sich kritische Stimmen artikuliert, die in der AM nur die Wiederbelebung eines atavistischen, längst überholten, mittlerweile durch Besseres, nämlich kausale Therapie, ersetzten Heilsystems erblicken. Ich bedauere es, daß dem Referenten nicht Gelegenheit gegeben worden ist, darauf zu replizieren, umso mehr, als dies eine Frage von übergreifendem Interesse ist: wie differenziert man zwischen jenen Gegenständen, die überholt und somit zu recht vergessen sind, und solchen, die, obwohl an sich korrekt, durch irgendwelche historische Entwicklungen zu unrecht an den Rand bzw. in die Vergessenheit gedrängt worden sind? Im Bereich der Parapsychologie bezieht sich diese wissenschaftshistorische wie auch wissenschaftstheoretische Fragestellung z. B. auf den "physikalischen Mediumismus".Leider kann naturgemäß die sehr stimmungsvolle musikalische Darbietung durch den Referenten, welche die Veranstaltung abgeschlossen hat, hier nicht wiedergegeben werden - so etwas ist natürlich dem "Live-Auftritt" vorbehalten ...
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