Kurzbericht über den Vortrag
von  Christa  Tuczay
              

Magie  und  Magier  im  Mittelalter

mit  besonderer  Berücksichtigung  von

paranormalen  Fähigkeiten  und  Phänomenen
          

                           

Der Bericht über den abschließenden Vortrag unseres dreiteiligen kulturhistorischen Zyklus »Magische Vorstellungen verschiedener Epochen« ist mir besonders leicht gefallen:  die Referentin – von der zu unserem Thema bereits 1992 ein Buch publiziert worden ist – hat nämlich ein mehrseitiges Hand-out ausgegeben, sodaß ich im wesentlichen bloß diesen Text und eine Auswahl der Bilder einzuscannen brauchte:

              

Die verbotene Kunst :               

Was ist der Unterschied zwischen einem mittelalterlichen Magier, einem Medizinmann bzw. Schamanen und einer Hexe?  

Das Schwarze Buch

Konnte sich ein mittelalterlicher Magier im christlichen Kulturkreis gefahrlos bewegen?

Durchaus. Die Kirche hat zwar Magie und die Magier in Befolgung des biblischen Grundsatzes aus Exodus 22,17 Denn die Zauberer sollst du nicht am Leben lassen  schon in frühchristlicher Zeit verfolgt.

Dennoch kann sich die Magie unbemerkt Bereiche erobern, da sie bei der Christianisierung der Heiden in verwandelter, scheinbar christlicher Gestalt, mit in die neue Religion übernommen wurde.  

Bild zum Vergrößern anklicken!
 
         
         

Die Antike hatte ihrerseits vielfältige magische Traditionen, die in gefilterter Form im Mittelalter auftauchten, jüdischer und arabischer Einfluß war besonders im Bereich des geheimen Wissens spürbar und auch die alten germanischen und keltischen Traditionen hatten ihre Spuren hinterlassen.

Es entwickelte sich eine eigene sanktionierte Methode des Umgangs mit dem Übernatürlichen, die christliche Magie. Der Wettkampf zwischen dieser Form, die sich vor allem in der Frühzeit im Wunder manifestierte, und der Magie anderer Religionen, die Begriffsdiskussion zieht sich bis in die Neuzeit.

Die altchristlichen Wundertäter wie Petrus und auch viele Heilige hatten stets einen ebenbürtigen Magier – im Fall von Petrus ist es der Erzmagier und Vater der Häresie Simon Magus – als Gegner, dem sie oft mit gleicher Münze im Zauberwettkampf begegneten. Damit sollte bewiesen werden, daß die Macht Gottes größer ist, als die der Heiden. Der Bekämpfung des heidnischen Erbes hat sich auch das Frühmittelalter mit der Diffamierung der heidnischen Götter als Dämonen, ihrer Bräuche als teuflische Riten und der Umwidmung ihrer Kultstätten in christliche Kirchen, intensiv gewidmet.

Dennoch bleiben noch genug dieser verhaßten heidnischen Vorstellungen unbemerkt im christlichen Bewußtsein, um später paradoxerweise als genuin christliche zu gelten.

Aber kaum hatte man den heidnischen Teufel ausgetrieben, kamen schon weitere an: Die Ketzer, die verbreiteten, daß der Teufel die Welt geschaffen und Gott sich von dieser bösen Welt distanziert habe. Zur Vernichtung dieser Umtriebe schuf der Papst ein spezielles Unternehmen, die Inquisition. Nach einiger Zeit fiel den Verfolgern auf, daß es noch andere gab, deren Ideen nach Häresie schmeckten, einzelne, in Beschwörungen und andere dubiose Aktivitäten verwickelte Individuen, die Zauberer.

Es waren immer Einzelne, die durch einen Anschlag auf eine hochgestellte Persönlichkeit oder als Berater einer solchen bzw. durch besonderes Wissen und eigenartige Studien ins Rampenlicht rückten und deshalb den stets wachen Neid und die Diffamierungslust ihrer politischen Gegner herausforderten.

Diese Leute hätten sich mit dem Bösen verbündet, der ihnen alles einflüsterte, was sie nur wissen wollten, auch alles lieferte, was sie nur wünschten, Geld, Erfolg, Einfluß, Frauen.

Dennoch sprach man nicht von einer Verschwörung, oder sagte den Zauberern nach, daß sie mit dem Teufel schliefen, das blieb den Hexen vorbehalten, die bereits im 14. Jahrhundert als neue unbekannte und äußerst gefährliche Sekte verfolgt wurden.    

             

Den Magiern zugeschriebene Fähigkeiten :                
                

Bilder zum Vergrößern anklicken!
               

Beherrschen
der
Elemente

>

Magier überquert mittels einer Beschwörungsformel das Meer

             
[leider kein
geeignetes Bild
vorhanden
]
         

<

Totenbeschwörung

               
Spiegelmagie
und
Traumwahrsagung
              

>

Traumwahrsagung

Hexe ruft einen Sturm hervor

<

Hexe ruft Sturm hervor
     
     Wetterzauber
Der Wind in Knoten eines Seiles gebannt

<

       
Wind in die Knoten
eines Seiles gebannt

   
Dämonische
Besessenheit
und
Hexenschuß
      

>

Der Hexenschuß

 Bilder zum Vergrößern anklicken! 

           

Wichtige Persönlichkeiten und Daten :              

Hermes Trismegistos, ägyptischer Gott der Weisheit und sagenhafter Ahnherr der Alchemie, dessen Namen man mit zahlreichen mystische Schriften in Verbindung bringt.

Simon Magus, Gestalt aus der Apostelgeschichte (VIII, 9) Samariter. Zauberer, der von den Aposteln magische Macht für Geld erwerben wollte. Die apokryphen Petrus-Akten berichten von seinem den magischen Flug, den Petrus durch Gebete zum Absturz gebracht haben soll.

Iamblichos, 275 †330 n.Chr., Neoplatonist und Mystiker, Emanantionslehre, Sympathielehre. Beschäftigung mit der Frage, wie der Mensch aus der Erscheinungswelt in die übersinnliche Welt zu gelangen vermöge. Die Antwort ist: durch ekstatische Einswerdung mit dem Göttlichen. Starke Wirkung auf die Theologie und Philosophie des Mittelalters und der Renaissance.

Augustinus, 354 Tagste †430 Hippo, Latein Kirchenlehrer, Bischof von Hippo, Grundlegung der Dämonenpakttheorie.

Merlin Britannicus, Ambrosius sagenhafter walisischer Magier angeblich um 480 gelebt und Wundertaten vollbracht haben soll. Von den mittelalterlichen Schriftstellern in den Sagenkreis um König Artus aufgenommen.

Gregor von Tours, 594 Clermont-Ferrand †594 Bischof von Tours, Geschichtsschreiber und Hagiograph, wichtige Zeugnisse zum frühmittelalterlichen Aberglauben.

Isidor von Sevilla, um 560 †633 Erzbischof von Sevilla, Kirchenlehrer, Enzyklopädist. Seine Etymologie  blieb das gesamte Mittelalter hindurch Standardquelle zur Aberglaubensfrage.

Merseburger Zaubersprüche, vor 750

Hrabanus Maurus, 780 Mainz †896, Theologe der Karolingerzeit, Schriften über Magie und Orakelwesen.

Agobard von Lyon, 799, Spanien †840, führender Theologe seiner Zeit, u.a. kritisch polemische Werke zur Bilderfrage, zum Judentum und über Gottesurteile.

Canon Episcopi, Auszug eines karolingischen Konzils, überliefert bei Regino von Prüm um 840 bei Speyer †915 Trier.

Burchard von Worms, um 965 †1025, der Corrector  ist ein in seinem Decretum lib. XIX aufgenommenes Bußbuch. Wertvolle Quelle zur Geschichte des Aberglaubens. Er hat den Glauben an Werwölfe, Wetterzauber, Incubus, Succubus und Hexen als Verirrung bezeichnet und abgelehnt.

Hildegard von Bingen, 1098 †1178 Äbtissin bekannt auch als rheinische Sibylle, vielseitig gebildet, gilt als echte prophetische Begabung.

Roger Bacon, 1120 †1192, doctor mirabilis, englischer Philosoph und Naturforscher. In seiner Studie Epistola de secretis operibus artis et naturae  ahnte er zahllose Maschinen Fahrzeuge Luftschiffe voraus. Alchemie, Astrologie und Magia naturalis sind für ihn der Höhepunkt der Naturwissenschaften.

Wilhelm von Auvergne, um 1180 †1249, Bischof von Paris, Theologe, Philosoph. In seiner Schrift De universo  bietet er eine ausgefeilte Dämonologie, behandelt die Kristallomantie. Hexen hält er nicht für Menschen, sondern Dämonen, die sich als Menschen ausgeben.

Albertus Magnus, 1200 †1280  Arzt, Theologe gilt als der größte Gelehrte des Mittelalters. Er verfaßte eine Fülle von theologischen, medizinischen und naturwissenschaftlichen Schriften. Legenden berichten von ihm als kunstreichem Magier, der nicht nur blühende Gärten erscheinen lassen konnte, sondern auch einen künstlichen Menschen gebaut haben soll. Zahlreiche Zauberbücher wurden ihm zugeschrieben.

Thomas von Aquin, wahrsch. 1225 Roccasecca † 1274 Fossanova, Philosoph, Theologe, Kirchenlehrer Im Rahmen seines riesigen Schriftwerkes u.a. De occultis operationibus.  War von der Realität des Hexenwesens überzeugt, das er mit seiner Dämonenpakttheorie zu beweisen suchte.

Michael Scotus, 1214 †1291 schottischer Astrologe und Philosoph. Kam in Toledo mit arabischem Schrifttum in Berührung, deshalb von Dante und Boccaccio als Schwarzkünstler charakterisiert.

Arnold von Villanova, ca. 1235 †1311 Arzt, Philosoph, Alchimist und Astrologe, prophezeite das Weltende für 1335.

Petrus Aponensis, 1257 †1316 Mediziner, Neoplatonist, als Zauberer denunziert, starb im Gefängnis. Beschäftigte sich mit Geomantie und verfaßte u.a. astrologische Schriften.

Cecco D’Ascoli, 1257 † 1327 Enzyklopädist und Astrologe, wurde als Ketzer hingerichtet.

Nicolas Eymeric, 1320 †1399 spanischer Dominikaner und Großinquisitor, schrieb ein Manual für Inquisitoren.

Nyder, 1385 † 1438 Dominikaner. Seine Studie, der Formicarius, beschäftigt sich mit dem Hexenglauben seiner Zeit.

Paracelsus, 1493 †1541, Arzt, Philosoph und Alchemist. Zahlreiche Schriften u.a. zur Magie. Als ideengeschichtlich besonders bedeutsam gilt die Astronomia Magna,  welche eine esoterische theosophische Kosmographie, in der hierarchisch geordnet Belebtes und Unbelebtes seinen Platz einnimmt, entwirft.

Johannes Hartlieb, 1430 †1468 Leibarzt des Herzog Albrecht von Bayern, verfaßte 1455 für Markgraf Johann von Brandenburg das puech aller verpotten kunst, unglaubens und der zauberey,  das wichtigste Kompendium des spätmittelalterlichen Aberglaubens.

Johann Geiler von Kaysersberg, 1445 †1510 Prediger; gilt als Vorläufer des Abraham a Santa Clara. Seine posthum veröffentlichte Schrift Emeis  berichtet über den Hexenglauben seiner Zeit.

Dr. Faust, historisch nicht faßbare Figur um 1485; verschiedene Sagen sind mit den historischen Personen des Johannes und Georg Faust verwoben.

Agrippa von Nettesheim, 1486 †1535 Arzt, Philosoph, Jurist. Seine Bücher De Occulta Philosophia  trugen ihm Beifall und Widerspruch ein. Seine Studien verschafften ihm den Ruf eines Teufelsbündlers, den sein Famulus  Johann Weier vergeblich zu widerlegen suchte.

Jacob Sprenger und Heinrich Institoris, Dominikaner, Autoren des Malleus Maleficarum,  Hexenhammer, 1487 im Druck. Die Inquisitoren systematisierten den Hexenglauben des ausgehenden Mittelalters und verbanden den Dämonenpakt exklusiv mit Frauen. Verfasser Heinrich Kramer (Institoris) und Jakob Sprenger.

Ulrich Molitor, †1492 Dämonologe und Autor des Werkes De Lamiae,  über Hexerei, zieht Volkssagen als Beweis heran.

Hans Vintler: in seinen pluemen der tugent  befaßt er sich detailreich mit dem Volksglaube an Perchten, Trutten, Elben, Alp und die Unholden, Südtirol, Anfang des 15. Jhdts.

Johann Weier, 1515 Mediziner. Sein Werk De praestigiis daemonum  zeichnet Hexen als Melancholiker, Vorkämpfer gegen die Hexenverfolgungen.

Nostradamus, 1503 †1566  Arzt und Prophet, verfaßte die Centurien die 1781 auf den Index gesetzt wurden. Über seine Wahrsagekunst sind ab 1980 eine Reihe von unkritischen Büchern erschienen. Bereits Kiesewetter wies nach, daß viele seiner Prophezeiungen nachträglich in seine Centurien eingefügt wurden. Außerdem hat er selbst in seinen Voraussagen ältere astrologische Schriften verarbeitet und vergangene geschichtliche Ereignisse als künftige Prophezeiungen ausgegeben.

John Dee, 1527 †1608 englischer Astrologe und Mathematiker, beschäftigte sich mit Mystik, angeblich mit Nekromantie, Alchemie und Kristallomantie.        

             

Die Spiegelmagie und die Nekromantie           
sind zwei Komplexe, die einen besonders engen Bezug zur Parapsychologie haben und daher in den Ausführungen der Referentin bzw. in der Diskussion besonders signifikant gewesen sind:  bei der Spiegelmagie ist an die psychosensorischen Automatismen wie das Kristallsehen zu denken, bei der Nekromantie an die mehr als hundertjährige Diskussion Animismus vs. Spiritismus. Aber auch andere Beziehungen sind angeklungen, etwa der "Flug" des Simon Magus gegenübergestellt analogen Phänomenen von christlichen Heiligen (ich darf hier an J. CALASANZ und vor allem an J. von COPERTINO erinnern), von Schamanen und Medizinmännern, oder schließlich von physikalischen Medien  im Rahmen der Parapsychologie (D. D. HOME, Rudi SCHNEIDER) wobei das Anliegen der Referentin der jeweilig unterschiedliche Bezugs- und Interpretationsrahmen der Phänomene gewesen ist.         

Bei der Spiegelmagie hat die Referentin auf die Ähnlichkeit zwischen dieser uralten Divinationsmethode und James BRAIDs Faszinationsmethode zur Induktion des hypnotischen Schlafes hingewiesen; in der Diskussion habe ich das noch mit den Hinweisen auf analoge Techniken in der islamischen Magie einerseits (um damit auch eine Brücke zu unserem letzten Vortrag zu schlagen) und in der Literatur anderseits (der schimmernde Türknauf in E. T. A. HOFFMANNs "Der goldene Topf") ergänzt.           

Was die Nekromantie betrifft, so hat die Referentin als ein bekanntes Beispiel den biblischen Bericht über die Hexe von ENDOR zitiert. Als Pendant dazu aus der antiken Welt habe ich auf HOMERs blinden Seher TEIRESIAS hingewiesen, bzw., um zum Thema der mittelalterlichen Magie zurückzukehren, darauf, daß KIESEWETTER hinsichtlich der Versuche von John DEE mit Edward KELLEY von den Protokollen der ersten spiritistischen Sitzungen spricht (M. CASAUBONUS).        

Schließlich fließen in der Gegenwart diese beiden Fragenkomplexe in Form der "Psychomanteum"-Versuche von Raymond MOODY zusammen; meines Erachtens sind diese freilich um nichts weniger fragwürdig als die mittelalterliche Magie, die freilich ein hohes ideengeschichtliches Interesse beanspruchen darf.                   

                                      


Abschließend ist anzumerken, daß dieser Vortrag der letzte war, der im Edmund HLAWKA-Hörsaal der TU abgehalten worden ist. Die Technische Universität Wien war nunmehr seit Jahrzehnten (damals noch als "Technische Hochschule") das Heim unserer Gesellschaft:  seit kurz nach dem Krieg haben die Vorträge dort stattgefunden, seit Mitte der Sechzigerjahre befand sich auch der Sitz unserer Gesellschaft an der TU, und mehr als zwanzig Jahre waren wir zuletzt eben im "Elektrotechnik-Neubau".            
Wie bekannt,
ist für die kommenden Sommerferien die "Übersiedlung", also die Verlegung des Sitzes unserer Gesellschaft an die Universität Wien, vorgesehen.    
Ab Herbst (d.h., mit Beginn des Wintersemesters 2000/01) werden dann auch die Vorträge in einem Hörsaal des Neuen Institutsgebäudes der Universität Wien (1010  Wien, Universitätsstraße 7) stattfinden.
                       

                             


          
[Zurück zum Seitenanfang]
[Zurück zum Vortragsprogramm] [Zurück zum Inhaltsverzeichnis] [Home]